Videonstallationen von Björn Hausner

Die Sehnsucht nach dem Verlagen - Das Verlangen nach der Sehnsucht

The Time Machine

 

bestehend aus 4 Teilen...

1. Plakattafel 1
"Die Sehnsucht nach dem Verlangen"
Maße: 510 cm x 200 cm, Cibachrome auf Aluminium, Stahlkonstruktion

2. Plakattafel 2
"Das Verlangen nach der Sehnsucht"
Maße: 600 cm x 200 cm, Cibachrome auf Aluminium, Stahlkonstruktion

3. Informationstafel
Maße: ca. 29 cm x 40 cm, Cibachrome auf Aluminium, Aluminiumrahmen, Halterung für Visitenkarten

4. Internetauftritt
Projektbeschreibung, Diskussionsforum, Linkliste

AIDS berührt Themen wie Sexualität, intime Beziehungen zwischen Männern, Sex außerhalb von festen Beziehungen, den Gebrauch von illegalen Drogen, Sterben und Tod. Sexuelle Verhaltensweisen und Themen werden verdrängt, weil sie unbequem, moralisch verwerflich erscheinen und bedrohlich wirken. Ähnlich werden auch Menschen mit HIV und AIDS wahrgenommen, manchmal sogar von Angehörigen, Freunden und Freundinnen sowie von Bekannten. Eltern lassen ihre Kinder in Stich, Betroffene der Krankheit werden ausgegrenzt, selbst die Krankheit selber bekommt einen weniger "anrüchigen" Namen. Sie versuchen alles fernzuhalten, zu verdrängen, was in Zusammengang mit der veränderten Lebensweise des/ der Erkrankten zu tun hat. Für Freunde und Angehörige ist es verständlicherweise schwierig sich mit der Krankheit AIDS und deren Krankheitsverlauf und zugleich mit der Homosexualität des Sohnes oder Partners , mit dem Drogengebrauch der Tochter oder Schwester auseinander setzen zu müssen.

Zur Geschichte von AIDS
Die AIDS-Thematik und deren Bekämpfung hat sich in den letzen 18 Jahren seit ihrer Entdeckung ständig neu verändert. Im Laufe der Jahre haben sich die Schwerpunkte in der Bekämpfung immer wieder geändert, sowie auch das AIDS-Virus in der Lage ist ständig zu mutieren, und sich seinen neuen "Lebensbedingungen" anzupassen. Ich habe daher die unterschiedlichen Phasen der AIDS-Bekämpfung und deren Thematik in drei Phasen unterteilt.1. In den frühen Achtziger bis Anfang der Neunziger Jahre (erste Phase) fanden seit dem erstmaligen Auftauchen von AIDS massive Aufklärungs-kampagnen in den Medien wie Fernsehen, Zeitschriften, Kino u.s.w. statt. Die Betroffenheit der Angehörigen, allgemeines Verständnis für HIV-Infizierte und AIDS-Kranke waren Thema. Vorbeugungsmaßnah-men (Benutzung von Kondomen, Safer Sex, saubere Spritzen von Drogen- konsumenten) gewannen an Bedeutung und bremsten den rapiden Anstieg von Neuinfizierten. Die Krankheit breitete sich hauptsächlich in den USA, dann in Europa und anderen westlichen Ländern aus. Ein wirksames Gegenmittel (Impfstoff) schien in weiter Ferne, da der Virus in seiner Wirkungsweise noch unzureichend erforscht war. 2. Anfang bis Mitte der neunziger Jahre (zweite Phase) ist ein allmählicher bis rasanter (ab Mitte der neunziger Jahre) Rückgang an HIV-Neuinfizierten zu verzeichnen. Meldungen über Heilungschancen oder wenigstens eine Verhinderung des Ausbruchs der Krankheit nehmen zu. Gleichzeitig werden finanzielle Mittel für die AIDS-Hilfe massiv reduziert. Die propagierten Vorbeugungsmaßnahmen schlagen an, erste Medikamente zur wirksamen Behandlung tauchen auf. Der AIDS-Virus breitet sich nun vorwiegend in Afrika und Asien aus.
3. In der dritten Phase seit Mitte der neunziger Jahre bis heute ist ein allgemeines Desinteresse an der AIDS-Thematik deutlich zu spüren. Wirtschaftliche Interessen an der Vermarktung und Patentierung von Medikamenten finden statt. Dem Ausbruch der Krankheit scheint nun wirksam mit Medikamenten entgegengewirkt werden zu können. HIV-Infizierten kann somit wieder eine Lebensperspektive gegeben werden. Im Gegensatz dazu nimmt die Ausbreitung in Afrika und Asien erschreckende Ausmaße an. Prognosen gehen davon aus, dass ganze Landstriche entvölkert werden. Sexualität und Sexualpraktiken werden in Deutschlands Massenmedien breitgetreten. "Aufklärungssendungen" wie Wa(h)re Liebe, Peep, Liebe Sünde zeigen unverblümt pornografische Inhalte und verantwortlungslosen Umgang mit Sexualpraktiken und der AIDS-Gefahr.

Der Sendlinger-Tor-Platz
Der Sendlinger-Tor-Platz im Südwesten von München ist ein Ort, welcher hauptsächlich zwei Funktionen erfüllt. Einerseits ist er ein Verkehrs-knotenpunkt von öffentlichen Nahverkehrsmitteln und anderseits ein Ausgangspunkt für Orte des Konsumierens. Ringsherum um den Platz sind Geschäfte angeordnet. Von hier aus hat man Zugang zur Sonnenstraße und Sendlinger Straße mit all ihren Einkaufsmöglichkeiten. Gleichzeitig ist der Sendlinger- Tor- Platz kein öffentlicher Ort mehr. Er scheint ein "kaleidoskopischer virtueller Raum der Medien, der Mode und der Werbung" * . Der öffentliche Raum ist hier meiner Behauptung nach kein konkreter Ort mehr, sondern nur ein zeitlich begrenzter Raum, wo sich Architektur, Stadtplanung, Öffentlichkeit, Reklame- und Konsumwelten ständig erneuert, und sich gegenseitig neu definieren.
Das Sendlinger Tor zählt zu den ältesten Baudenkmälern Münchens. Es entstand bei der Bauvergrößerung durch die Herzöge Ludwig II. und Ludwig IV., welches 1316 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde. Eine erste Kommerzialisierung des Baudenkmals fand Anfang des 20. Jahrhunderts statt, indem an der Rückseite der Südlichen Torhofmauer Läden eingerichtet wurden. Gleichzeitig entstanden Räume für eine Polizeiwache und einen Laden, welcher ab 1939 als Ladengeschäft genutzt wurde. Im Augenblick wird überlegt, den nördlichen Teil mit den Türmen nutzbar zu machen; die Stadt befindet sich in konkreten Verhandlungen mit einem möglichen Pächter.
Infolge dieser Entwicklung wird meiner Meinung nach das historische Sendlinger Tor zugunsten eines Ortes ohne eigene Identität vergessen. Anstelle dessen tritt ein Platz, welcher zunehmend kommerzialisiert wird. Ladengeschäfte mit Reklametafeln und Werbeflächen sind allgegenwärtig. Es entsteht eine virtuelle Welt, ein Platz, welcher die Sehnsucht und das Verlangen nach Konsumgütern in unserer Gesellschaft propagiert und diese Befriedigung mittels Erwerb von Waren verspricht.
Diese Botschaften finden sich in Schaufenstern mit ihrer Dekoration, Reklametafeln, Plakatflächen, Litfasssäulen.
Für diesen Ort wurde ich beauftragt, ein Mahnmal über die Thematik AIDS, ein sogenanntes AIDS- Memorial in Form einer künstlerischen Arbeit zu entwerfen.

The Time Machine

Der Entwurf

Da die Thematik AIDS eine sich stark verändernde Thematik ist, beziehe ich mich mit meiner Arbeit sowohl auf die Vergangenheit als auch auf die Zukunft. Da meine Arbeit wie das Thema AIDS wandlungsfähig sein soll, soll sie auch zukünftige Entwicklungen miteinbeziehen. Somit bleibt die Arbeit auch in Zukunft aktuell. Es soll eine Verbindung zwischen dem Anliegen an mich als Künstler ein dem Thema gerechtes Kunstwerk im Raum zu schaffen sein und gleichzeitig das Verlangen der Gesellschaft den Versprechungen der Werbung nachzugehen reflektieren. Um diese Verbindung zwischen Kunstwerk und Ort, zwischen Kommerz und Kunst herzustellen, besteht meine Arbeit aus 4 Elementen.

1. Plakattafel 1: "Die Sehnsucht nach dem Verlangen" - Fotografische Bildmontage auf der Südseite des Gebäudeflügels

Die Werbung erzeugt ein immer wiederkehrendes Verlangen nach einem Produkt durch Suggestion. Einem Produkt wird z. B. ein positives Image zugeordnet, welches die Sehnsucht danach immer wieder entfacht. Miene Arbeit zitiert diese genannten Mittel, indem sie ebenfalls eine Wahrheit vorspiegelt, die im realen Leben nicht vorhanden ist. Auf dieser Bildmontage bin ich in meinem Atelier abgebildet und zeigt meine Arbeitssituation: Es sind meine Arbeitsmittel zu sehen, welche ich benötige, um einen Vorschlag für das AIDS- Memorial zu entwerfen. Verschieden Bücher und Sekundärliteratur, welche ich als Recherche für des Themas benötigte, um mir einen Entwurf für das Memorial zu erarbeiten. Ausschnitte der Bildmontage sind auf dem Computermonitor zu sehen, auf dem Notebook ein Beschreibungstext des Entwurfes. Der Arbeitsplatz wird fortgesetzt durch eine Landschaftskulisse in Form einer tropischen Insel mit Palmenstrand. Der Traum vom Künstler frei von jeglichen gesellschaftlichen Zwängen arbeiten zu können, wird durch diese Bildmontage symbolisiert. Der Satz "Die Sehnsucht nach dem Verlangen" steht quer über die Abbildung geschrieben.

2. Plakattafel 2: "Das Verlangen nach der Sehnsucht" - Fotografische Bildmontage auf der Nordseite des Gebäudeflügels

Der 2. Teil repräsentiert die AIDS-Thematik in den Medien. Auf Tafel 2 ist eine Collage in Form eines Puzzles zu sehen, welches Abbildungen aus 18 Jahren AIDS-Thematik in den deutschen Medien zeigt z. B. Ausschnitte aus Aufklärungsspots (Kino und Fernsehen), Anzeigenkampagnen in Zeitschriften und Magazinen, Ausschnitte aus Kinofilmen, welche das Thema AIDS als Thema hatten, sowie Presseabbildungen. Das Puzzle ist noch nicht , sowie die AIDS-Problematik noch nicht gelöst ist. So wie sich die Ausbreitung und Heilung von AIDS in unserer 18-jährigen AIDS- Geschichte als problematisch herausgestellt hat, ist auch das Puzzle unvollendet. Ähnlich wie bei Tafel 1 ist bei Tafel 2 ein Schriftzug eingefügt: "Das Verlangen nach der Sehnsucht". Es thematisiert die historische Geschichte von AIDS in Form ihrer Medienbilder und -botschaften in ihrer scheinbaren Ausweglosigkeit. So wie schon auf der Tafel 1 assoziiert der Satz "Das Verlangen nach der Sehnsucht" das Bedürfnis eine Sehnsucht zu befriedigen, in diesem Fall die Sehnsucht nach der Heilung.

3. Die Informationstafel
Eine Informationstafel, welche unter der Tafel 2 in Augenhöhe angebracht ist, beschreibt die Thematik der ausgestellten Arbeit. Die Infotafel dient dazu, dem Betrachter auf die Internetadresse aufmerksam zu machen. Zusätzlich ist eine Halterung mit Visitenkarten angebracht. Durch den Internetauftritt wird die Arbeit im virtuellen Raum fortgesetzt.

4. Der virtuelle Raum
Der Internetauftritt gibt dem Betrachter die Möglichkeit, mit anderen und mit der künstlerischen Arbeit in Diskussion zu treten.
Der Internetauftritt setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:

- Ein auf der Hauptseite eingebauter Zähler zeigt die aktuelle Anzahl an HIV-Infizierten weltweit an.

- Ein Diskussionsforum, auf dem der Besucher Fragen zum Thema AIDS und der künstlerischen Arbeit stellen kann, schafft Möglichkeit zur Diskussion. Besucher können so aktiv an der Diskussion über die AIDS-Problematik und des Memorials teilhaben und hier miteinander kommunizieren. Sie können eigene Diskussionsthemen anlegen oder Fragen von anderen Besuchern beantworten. Somit bleibt die Diskussion über AIDS lebendig, sie bleibt ein Thema. In einer Rubrik wird auch über die künstlerische Arbeit diskutiert: Ein Dialog zwischen mir als Künstler und dem Betrachter wird so möglich.

- Eine umfangreiche Linksammlung von anderen Internetseiten mit Schwerpunkt AIDS bündelt bereits vorhandene Informationen zum Thema und wird ständig auf den neuesten Stand gebracht.

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Ich bin werktags unter folgender Telefonnummer gut zu erreichen:

“I've spent my whole life working in a medium that was regarded with contempt largely because of historical reasons.” 089 210 24 699

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“The work we do is as demanding as any of the great painters because nothing that happens on the page of a comic is accidental. It has to be imagined first in your mind before you do it. Those of us who know something about the art of painting know that working on a canvas, very often a lot of serendipitous things happen that work to the advantage of the painter ultimately.” bjoern@hausner.info

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